Was besagen die Stadien und Typen beim Lipödem?
Das Lipödem ist eine chronische Fettverteilungsstörung. Die auffälligen Fettanlagerungen können sich in verschiedenen Körperzonen wie Hüften, Beinen und Armen zeigen. Damit gehen mannigfaltige Beschwerden einher. Viele Patientinnen (männliche Patienten gibt es selten) möchten wissen, wie die Erkrankung sich über die Jahre entwickeln kann. Darüber geben unter anderem die Stadien und Typen Auskunft. Die Ärztinnen und Ärzte des Lipödemzentrums by S-thetic informieren Sie hier ausführlich dazu.
Die Entwicklung des Krankheitsverlaufs spielt eine wichtige Rolle
Ein Lipödem bleibt in den meisten Fällen nicht so, wie es am Anfang war. Der Tendenz nach verschlimmert sich die Krankheit. Das gilt besonders, wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden oder diese ungenügend sind.
- Die Beurteilung von Stadium und Typ ist ein wichtiger Bestandteil der ärztlichen Diagnose. Es geht dabei auch darum, andere Ursachen auszuschließen.
- Die Patientin, die ihr Lipödem-Stadium kennt, weiß, wo sie mit ihrer Erkrankung steht. So lässt sich etwa abschätzen, ob eine mildere konservative Therapie vorerst ausreicht oder nicht.
- Die Einteilung in Stadien und Typen hat aber auch Grenzen. Sie sagt nämlich nichts über die eigentlichen Beschwerden aus. Eine Stadien-Einteilung gibt es dafür bislang nicht.
- Eine besonders nachhaltige Behandlungsvariante ist die Liposuktion (Fettabsaugung). Mit Blick auf Stadium und Typ der jeweiligen Erkrankung lässt sich eine Entscheidung dafür oder dagegen auf fundierter Grundlage treffen.1
Auf Stadien und Typen bezieht sich auch die medizinische Leitlinie zum Lipödem, die von der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie und Lymphologie stammt. Sie wurde 2024 aktualisiert. Leitlinien fassen das gesicherte medizinische Wissen über eine Erkrankung zusammen und enthalten Empfehlungen zur Therapie.2
Stadien und Typen sind beim Lipödem die gängigste Einteilung
Ein Lipödem entsteht durch eine gravierende Störung im Fettstoffwechsel. Unabhängig von der Kalorienzufuhr blähen sich Fettzellen in einzelnen Körperzonen regelrecht auf. Ödeme entstehen im Gewebe, also Wassereinlagerungen. Im Zusammenspiel mit der Fettwucherung lösen sie verschiedene Beschwerden aus.
Die gängige Einteilung kennt 3 Stadien des Lipödems.
Lipödem-Stadien beschreiben die Erscheinungsform
Die Stadien beschreiben ausschließlich die äußere Erscheinungsform, nicht die Art der Beschwerden. Für die Nummerierung der Stadien bevorzugen manche römische Ziffern, andere arabische. Gemeint ist jeweils das Gleiche. Die übliche Einteilung ist wie folgt:
- Stadium 1: Die betroffenen Körperregionen weisen eine ausgeprägte Umfangsvermehrung auf. Die Fettanlagerungen sind gleichmäßig, die Haut ist glatt.
- Stadium 2: Die Hautoberfläche zeigt ein unregelmäßiges Wellenmuster, es gibt Verdickungen im Gewebe.
- Stadium 3: Das Fett ist stark vermehrt und führt zur Ausbildung von überhängenden Gewebeanteilen (Wammenbildung).
Die Veränderungen an den Extremitäten entwickeln sich beim Lipödem stets symmetrisch. Es sind also beide Beine oder Arme gleichermaßen betroffen. Dies ist ein wichtiger Unterschied zu einem Lymphödem.
Als 4. Stadium wird gelegentlich das Liplymphödem hinzugenommen. Dabei handelt es sich um ein weit fortgeschrittenes Lipödem, bei dem zusätzlich ein Lymphödem entstanden ist. Nicht alle Ärztinnen und Ärzte betrachten das als eigenständiges Stadium. Es gibt auch Einteilungen mit noch mehr Unterstadien.3
Beim Lipödem-Typ geht es um die Ausbreitung am Körper
Das Stadium erlaubt Rückschlüsse auf das Fortschreiten der Erkrankung. Über die Körperregionen, wo das Lipödem sich zeigt, sagt es nichts aus. Für Krankheitszustand und Therapie ist die Lokalisation aber wichtig. Darum wird die Stadien-Einteilung um die Lipödem-Typen ergänzt.
Manche Forscherinnen und Forscher unterscheiden jeweils andere Typen für Oberschenkel, Unterschenkel, gesamtes Bein, Oberarme, Unterarme und den ganzen Arm. Zweckmäßig scheint uns eine Einteilung, die dem Krankheitsverlauf entspricht – jedenfalls bei der großen Mehrzahl der Betroffenen. In diesem Sinne lassen sich 4 aufeinander folgende Typen erkennen:
- Typ 1: Lipödem am Oberschenkel-Ansatz von Gesäß und Hüften (sogenannte Reiterhosen)
- Typ 2: Oberschenkel bis zu den Knien
- Typ 3: Ausbreitung bis an die Fußknöchel
- Typ 4: Die Arme zeigen ebenfalls Symptome
Über Fußknöchel und Handgelenke reicht das erkrankte Fettgewebe gewöhnlich nicht hinaus. Füße und Hände weisen also kein Lipödemfett auf. Bei gleichzeitig vorhandenem Übergewicht ist das möglicherweise nicht deutlich erkennbar.4
Symptome nur an den Armen sind sehr selten. In der Regel nehmen die Beschwerden von Körpermitte oder Oberschenkeln ihren Ausgang.
Schmerzen, Folgebeschwerden, psychische Belastung
Die Einteilung nach Stadien und Typen bietet nur Anhaltspunkte. Der tatsächliche Therapiebedarf zeigt sich darin, wie sehr die Krankheit die Betroffenen einschränkt. Auch die Leitlinien der ärztlichen Fachgesellschaften weisen darauf hin, dass Stadien und Typen über die Schwere der Erkrankung noch nichts aussagen. So gibt es viele Patientinnen, deren Lipödem noch im Anfangsstadium ist, die aber erhebliche Beschwerden haben und sehr darunter leiden. Folgende Faktoren sollten für die Beurteilung des Krankheitsbilds unbedingt einbezogen werden:
- Schmerzen: Ein Lipödem bringt immer Berührungsempfindlichkeit und Druckschmerz mit sich. In Ruhe und bei Bewegung können ebenfalls Gewebeschmerzen auftreten. Kollisionen lösen leicht blaue Flecken aus. Die Schwere der Schmerzempfindungen entspricht nicht unbedingt der Höhe des Stadiums.
- Hautprobleme: In höheren Stadien wird die Haut dick, hart und knotig. Das ist nicht nur unschön und bringt einen hohen Pflegebedarf mit sich. In den Hautfalten können sich auch Entzündungen und Infektionen bilden.
- Orthopädische Probleme: Die Reibung der verdickten Schenkelinnenseiten führt zu Schonhaltungen der Gelenke, die zu Fehlstellungen werden können. Die Gelenkprobleme werden durch die Last des Fettgewebes gesteigert. Dasselbe gilt für Übergewicht, das häufiger zusätzlich vorhanden ist.
- Optischer Eindruck: Die „dicken Beine“ und der unproportionierte Körperbau werden von vielen betroffenen Frauen als entstellend empfunden. Sie fühlen sich in ihrem Körper nicht wohl, finden sich unattraktiv und meiden Kontakte.
- Psychische Belastung: Schlechtes Körpergefühl, Schmerzen und Dauerbeschwerden drücken aufs Gemüt. Begleiterscheinung kann zum Beispiel eine Depression sein.5
Jede Ausprägung dieser Beschwerden kann für sich genommen der Anlass für eine weitergehende Therapie sein, zum Beispiel für eine baldige Liposuktion. Entscheidend ist der individuelle Leidensdruck.
Möglichkeiten der Behandlung
Die Ursachen des Lipödems sind bisher zu wenig verstanden. Geeignete Medikamente gibt es nicht. Gewöhnlich wird die Erkrankung mit einem ganzen Bündel an konservativen Maßnahmen therapiert. Konservativ bedeutet, dass die Behandlung auf nichtchirurgischem Weg erfolgt. Die Therapie richtet sich nach den Beschwerden, die Diagnose sollte gesichert sein. Gängige Maßnahmen sind:
- Tragen von Kompressionswäsche in den betroffenen Zonen. Das hilft bei der Entstauung der Ödeme und lindert meist die Beschwerden.
- Regelmäßige manuelle Lymphdrainage bei der Physiotherapeutin oder beim Physiotherapeuten zur Unterstützung der Entstauung.
- Individuell angepasster Sport, zum Beispiel Schwimmen, Radfahren oder Nordic Walking.
- Spezielle Ernährung unter Verzicht auf Lebensmittel, die die Lipödembildung fördern. Ist gleichzeitig viel Übergewicht vorhanden, sollten Versuche zur Gewichtsreduzierung unternommen werden.
- Bei stärkeren Symptomen apparative Kompression, eine intensivere Form der Lymphdrainage.
- Komplexe physikalische Entstauungstherapie, eine Kombination mehrerer der genannten Maßnahmen.
Manche Patientinnen bekommen ihre Beschwerden so in den Griff. Die Behandlung muss allerdings über Jahre und Jahrzehnte beibehalten werden. Ansonsten droht eine Verschlimmerung, unter Umständen auch die Ausbildung eines Lymphödems.
Hinzu kommt: Die konservative Therapie kann die Fettanlagerungen nicht abbauen, das optische Bild bleibt. Das ist für viele Patientinnen ein Grund, eine Liposuktion zu erwägen. Über die Liposuktion wird auch dann häufiger nachgedacht, wenn die Patientin einzelne Symptome als sehr belastend empfindet.6
Gesetzliche Krankenkasse, Stadium 3 und Body-Mass-Index (BMI)
Wenn es darum geht, welche Art Therapie die gesetzliche Krankenkasse nach der Diagnose Lipödem bezahlt, spielt das Stadium eine große Rolle.
- Für konservative Behandlungsmaßnahmen kommen die Krankenkassen in der Regel voll auf.
- Eine Liposuktion unterstützen sie jedoch erst ab Stadium 3.
- Die Zustimmung ist an weitere Voraussetzungen geknüpft. Die zu behandelnde Frau muss einen Body-Mass-Index (BMI) von unter 35 aufweisen. Zudem muss über mindestens 6 Monate konservativ behandelt worden sein.
Diese Bedingungen werden von vielen Medizinerinnen und Medizinern kritisch gesehen. Ganz gleich ob Stadium 3 oder niedriger, der Body-Mass-Index besitzt bei Lipödem-Patientinnen kaum Aussagekraft für die Diagnose. Wegen der starken Vermehrung des Fettgewebes ist er praktisch immer erhöht. Als Hinweis auf das Lipödem-Stadium ist der BMI daher ungeeignet. Erfahrene Ärztinnen und Ärzte ermitteln andere Maßzahlen. Diese beziehen sich auf den Umfang betroffener Extremitäten und Körperzonen.
Die gesetzlichen Krankenversicherungen sehen für die Liposuktion einen sehr geringen Betrag vor, der die Kosten für eine fachgerechte Behandlung bei weitem nicht abdeckt. Die Patientin kann für den Fehlbetrag aber selbst aufkommen. Bei den privaten Krankenversicherungen sieht es besser aus. Patientinnen, die hier versichert sind, finden leichter Unterstützung für eine operative Therapie.7
So funktioniert die Liposuktion
Die Liposuktion (zu Deutsch: Fettabsaugung) ist ein minimalinvasiver chirurgischer Eingriff. Er dient dazu, die Fettanlagerungen in den Lipödemzonen möglichst weitgehend zu beseitigen. Das nimmt den Beschwerden die Grundlage und sorgt für ein schöneres optisches Bild. Diese Art der Lipödem-Behandlung bietet sich nicht nur in Stadium 3 und 2 an, sondern auch im 1. Stadium.
- Die Ärztin oder der Arzt führt über kleine Einstiche eine dünne Absaugkanüle unter die Haut der Beine, Hüften oder sonstigen betroffenen Zone.
- Das durch eine Tumeszenzflüssigkeit vorbereitete Fettgewebe wird unter örtlicher Betäubung nahezu vollständig abgesaugt. Dazu dient eine medizinische Vakuumpumpe.
- Lediglich eine dünne Verschiebeschicht zwischen Haut und Muskelgewebe bleibt zurück. Das nimmt neuerlichem Wachstum von Lipödemfett möglichst die Grundlage.8
- Im Lipödemzentrum by S-thetic findet die Liposuktion gewöhnlich ambulant statt. Die Patientin kann sich anschließend zu Hause einige Tage erholen.
- Gewöhnlich setzen wir das Verfahren der laserunterstützten Liposuktion ein (Laserlipolyse). Sie ermöglicht eine besonders schonende Vorgehensweise und bessere Behandlungsergebnisse.
Bei der Laserlipolyse wird zusätzlich eine medizinische Laserfaser unter die Haut geführt. Die entstehende Hitze verflüssigt zum einen die Fettzellen, erleichtert so die Absaugung und minimiert unerwünschte Wirkungen. Andererseits wirkt die Laserhitze auf das Hautgewebe ein. Der Hautmantel wird mittel- und langfristig gestrafft und legt sich enger an Gewebe an, das von den Fettdepots befreit wurde. Das sorgt erfahrungsgemäß für ein schöneres Hautbild. Der Lasereinsatz macht fast immer eine zusätzliche chirurgische Hautstraffung unnötig, die nach der Absaugung eines Lipödems sonst häufig auf der Tagesordnung steht.
Das Lipödem-Stadium bleibt auch nach erfolgreicher Behandlung
Ein Lipödem ist im medizinischen Sinne nicht heilbar. Auch nach erfolgreicher Liposuktion bleibt die Veranlagung dazu bestehen. Die Betroffene behält auch ihr Lipödem-Stadium. Bestimmte Vorsichtsmaßnahmen sind weiter angeraten. Das sind vor allem Ernährungskontrolle und Sport.
Kompressionskleidung hingegen muss oft nur in der ersten Zeit nach der Fettabsaugung getragen werden. Die Lymphdrainage kann sehr oft reduziert werden oder ganz entfallen. Die meisten operierten Frauen dürfen sich nach der Liposuktion über eine erhebliche Steigerung ihrer Lebensqualität und ein ganz neues Körpergefühl freuen.9
Weitere Informationen und persönliche Beratung zur Lipödem-Behandlung
Sie wollen mehr über die Möglichkeiten wissen, ein Lipödem gezielt zu behandeln? Einen Termin für eine kostenlose Beratung durch das Lipödemzentrum by S-thetic können Sie jederzeit vereinbaren. Unser zuvorkommendes Team hilft Ihnen gern.
Quellen und weitere Infos:
1 https://www.lipedema.org/diagnosing-lipedema
2 https://register.awmf.org/assets/guidelines/037-012l_S2k_Lipoedem_2024-01.pdf
3 https://de.wikipedia.org/wiki/Lip%C3%B6dem#Schweregrade_und_Stadien
4 https://www.lipoedem-hilfe-ev.de/das-lipoedem/stadium-und-typ
5 https://www.netdoktor.de/krankheiten/lipoedem/symptome/
6 https://www.lipedema.org/treating-lipedema
7 https://www.kbv.de/html/1150_71969.php
8 https://www.phlebology.de/patienten/behandlung/fettabsaugung/
9 https://academic.oup.com/bjd/article-abstract/166/1/161/6613634